Schlagwort: Veränderungsmanagement

  • Wie sich Transformationmanagement vom klassischen Veränderungsmanagement unterscheidet

    Unternehmen und Organisationen müssen sich heute häufiger und umfangreicher anpassen. Doch nicht jede Veränderung ist gleich. Es macht einen großen Unterschied, ob ein Unternehmen ein neues IT-System einführt oder sein gesamtes Geschäftsmodell umbaut. Genau hier unterscheiden sich Change Management und Transformationsmanagement.


    Was ist Veränderungsmanagement?

    Change Management beschäftigt sich mit gezielten, meist klassischen Anpassungen im Unternehmen – etwa:

    • Einführung neuer Software
    • Prozessoptimierungen
    • Organisatorische Reorganisationen

    Dabei stellt das Change Management den menschlichen Aspekt der Veränderung in den Mittelpunkt:

    • Ziel ist nicht nur eine technische oder prozessuale Umsetzung, sondern die erfolgreiche Veränderung von Denken und Verhalten bei Mitarbeitenden.
    • Laut Prosci liegt der Fokus darauf, „den People Side of Change“ zu managen – also auf Aufmerksamkeit, Akzeptanz und Anwendung neuer Lösungen bei den Betroffenen, um Risiken wie Widerstand, Fluktuation oder Produktivitätseinbußen zu reduzieren prosci.com.
    • Change-Kommunikation adressiert bewusst emotionale, informative und fortbildende Ebenen der internen Kommunikation, um Stimmungen, Ängste und Unsicherheiten zu überwinden Wikipedia.
    • Zahlreiche Modelle legen den People-Fokus offen: Das ADKAR-Modell zielt bewusst auf Awareness, Desire und Reinforcement – also auf die innere Bereitschaft und Verhaltensänderung der Mitarbeitenden whatfix.com.

    Das macht klar es geht darum, Mitarbeitende mitzunehmen, ihr Vertrauen zu gewinnen und die Veränderung nachhaltig zu verankern.


    Was ist Transformationsmanagement?

    Transformationsmanagement hingegen bedeutet, tiefgreifende, ganzheitliche und langfristige Veränderungen zu gestalten. Es geht um fundamentale Neuausrichtungen, zum Beispiel:

    • Veränderungen des Geschäftsmodells
    • tiefgreifende kulturelle Transformationen
    • Einführung neuer Leistungsversprechen für Märkte

    Solche Transformationen sind komplex, mehrdimensional und nicht exakt planbar. Sie betreffen oft Prozesse, Strukturen, Werte, Fähigkeiten und Technologie gleichzeitig. Eine Transformation ist „keine einmalige Maßnahme“, sondern ein langfristiger Prozess, der häufig mehrere Teilschritte und Anpassungen benötigt.

    Gerade Veränderungen, die viele Unternehmensdimensionen gleichzeitig beeinflussen, prozess- und funktionsübergreifend sind und dabei untereinander in starken Abhängigkeiten und Wechselwirkungen stehen, zähle ich zu echten Transformationen. Solche Veränderungen stellen die größten Anforderungen an Steuerung und Koordination. Dies bedeutet das Transforamtionsmanagement andere Methoden wie Change Management, Projektmanagement, Programmmanagement und Weitere integrieren und auf besondere Weise anwenden muss. Folgend gehe ich auf die speziellen Charakteristika von Transformationen ein.


    Besondere Charakteristika von Transformationen

    Transformationen unterscheiden sich von klassischen Changes insbesondere dadurch, dass sie:

    • nicht linear planbar sind (z. B. durch komplexe Wechselwirkungen und unvorhersehbare Ereignisse),
    • keine klaren Endpunkte haben (Transformationen entwickeln sich oft in Etappen weiter),
    • mehr Unsicherheit und Mehrdeutigkeit beinhalten,
    • parallel zum laufenden Betrieb umgesetzt werden müssen.

    Deshalb reicht es nicht, klassische Projektmanagement-Methoden anzuwenden. Transformationen erfordern die Anpassung oder Ausrichtung von Steuerungs-, Unterstützungs- und Umsetzungsstruktur, um flexibel auf Dynamiken reagieren zu können.


    Vergleich zu Programmmanagement und Multiprojektmanagement

    Auf den ersten Blick ähnelt Transformationsmanagement einem klassischen Programmmanagement: Auch dort werden mehrere Projekte gebündelt, die auf gemeinsame strategische Ziele einzahlen, ergänzt um Governance, Priorisierung und Ressourcensteuerung.

    Allerdings geht Transformationsmanagement darüber hinaus:

    • Es muss gleichzeitig mit Ungewissheit, Disruption und hoher Dynamik (VUCA, BANI, RUPT, TUNA) umgehen, während Programme oft noch in stabileren Rahmen geplant werden können.
    • Es orchestriert nicht nur Projekte, sondern verändert Organisationsarchitektur, Kultur und Fähigkeiten, die dann wiederum das Fundament für Projekte und Programme sind.
    • Multiprojektmanagement fokussiert meist darauf, Ressourcen über Projekte hinweg optimal zu verteilen. Transformationsmanagement muss zusätzlich strategische Pfade und Zielbilder kontinuierlich anpassen, weil sich Umfelder ändern.

    Kurz gesagt: Transformationsmanagement ist dem Programmmanagement strukturell ähnlich, muss aber viel stärker mit fundamentaler Unsicherheit, Mehrdeutigkeit und komplexen Systemwechselwirkungen umgehen, die klassische Programme so nicht adressieren.


    Transformationen im Kontext von VUCA, BANI, RUPT und TUNA

    Um zu verstehen, warum Transformationen besonders herausfordernd sind, helfen vier Erklärungsmodelle:

    ModellAspekteQuelle
    VUCAVolatility (Unbeständigkeit), Uncertainty (Unsicherheit), Complexity (Komplexität), Ambiguity (Mehrdeutigkeit)https://hbr.org/2014/01/what-vuca-really-means-for-you
    BANIBrittle (brüchig), Anxious (ängstlich), Non-linear (nicht-linear), Incomprehensible (unverständlich)BANI vs VUCA— a new acronym for a new world | by Marian Temmen | Medium
    RUPTRapid (schnell), Unpredictable (unvorhersehbar), Paradoxical (paradox), Tangled (verflochten)Navigating DisRUPTion: An Alternative to VUCA | CCL
    TUNATurbulent, Uncertain, Novel (neuartig), AmbiguousYou Say VUCA, I Say TUNA: How Oxford Helps Leaders Face The Complex And Uncertain Future

    Diese Konzepte zeigen: Transformationen finden in einer Welt statt, die gleichzeitig fragil, nervös, widersprüchlich und komplex vernetzt ist. Klassische Steuerungsmodelle stoßen hier an ihre Grenzen. Unternehmen müssen daher lernen, mit Unsicherheit produktiv umzugehen, Hypothesen zu testen und Strukturen anpassungsfähig zu halten.


    Was bedeutet das für das Transformationsmanagement?

    Transformationsmanagement muss Antworten auf diese Herausforderungen bieten. Dazu gehören:

    • Erhöhte Steuerungsfähigkeit durch klare Governance und Transparenz gesamtbild
    • Agiles Portfolio-Management, das Veränderungen iterativ und flexibel managt und schnell auf Änderungen der Umstände reagieren kann
    • Starke Unterstützungsstrukturen wie Transformationsmanagement-Büros und Unternehmensarchitekturmanagement, die helfen, die Komplexität zu meistern
    • Flexible Teams, die funktionsübergreifend arbeiten und schnell auf neue Anforderungen reagieren

    Damit das gelingt, braucht es nicht nur Projektmanager, sondern auch „Architekten der Transformation“, die das große Ganze im Blick behalten und weitere Rollen.


    Fazit

    Transformationmanagement ist keine große Version von klassischem Change Management. Transformation ist ein eigener Typ Veränderung, der andere Fähigkeiten, Strukturen und Steuerungsmechanismen verlangt. Unternehmen, die Transformation ernst nehmen, investieren deshalb nicht nur in Projekte, sondern auch in ihre Veränderungsfähigkeiten, Governance, Architektur und eine resiliente Organisation, die Unsicherheiten nicht nur aushält, sondern aktiv damit arbeitet.


    Quellen / weiterführend: